(Be-)Deutungsansprüche in qualitativer Forschung
Posterpräsentationen
Praxisreflexionen im Spannungsfeld schulischer und außerschulischer Bildungsarbeit
Bettina Schmidt
Im Rahmen meiner Dissertation begleitete ich ein Projekt, welches über drei Jahre im Themenfeld von Demokratie und Vielfalt an Grundschulen in einer deutschen Großstadt umgesetzt wurde. Im Projekt wurde mit Methoden des Anti-Bias-Ansatzes (Anti-Diskriminierungsarbeit) und des Betzavta-Konzeptes (Programm zur Demokratie-, Menschenrechts- und Toleranzentwicklung) unter Einbeziehung der Perspektive der Kinderrechte mit Schüler_innen, Lehrer_innen, Hortmitarbeiter_innen und Eltern gearbeitet.
Das Projekt steht zwar im Zentrum meines Vorhabens, wurde von mir aber weder in Form einer Wirkungsanalyse untersucht noch mit dem Ziel einer abschließenden Beurteilung evaluiert. Vielmehr konstituiert das Projekt das Forschungsfeld, in dessen Rahmen ich nach den Möglichkeiten Behinderungen in der Gestaltung von und Beteiligung an Schule frage, wie sie von den am Projekt beteiligten Subjekten erlebt und erfahren werden.
Mein methodisches Vorgehen hat sich im Forschungsprozess entwickelt. Ich habe mich an der Grounded Theory sowie der subjektwissenschaftlichen Forschung orientiert. Gleichzeitig lässt sich meine Forschung als Praxisforschung bezeichnen. Im ständigen Hin und Her von 'Im Feld sein' und 'aufs Feld (also auch mich im Feld!) blicken' habe ich Daten erhoben, theoretisch aufgeschlüsselt und gemeinsam mit den Mitforschenden ausgewertet.
Mein Ziel war zum Einen, das Projekt kritisch unterstützend zu begleiten, in dem ich Räume zur Reflexion mit den Beteiligten initiierte und damit Gelegenheiten für Veränderungsprozesse in der eigenen Praxis eröffnete. Zum Anderen zielt meine Arbeit auf Schlussfolgerungen, die von der konkreten Prozessbegleitung abstrahieren bzw. von dem konkreten Projekthandeln dahingehend zu verallgemeinern versuchen, was unter bestimmten Bedingungen im Rahmen politischer Bildungsarbeit an Schulen (insbesondere mit dem Anti-Bias-Ansatz) strukturell behindert und strukturell möglich ist. Ausgangspunkt dieser Überlegungen sind konkrete Widersprüche, die sich in der Projektpraxis ergeben haben und gemeinsam mit den Mitforschenden als solche markiert und reflektiert wurden.
Im Prozess des Forschens selbst sowie in seiner anschließenden reflexiven Rekonstruktion stieß ich auf vielfältige method(olog)ische Widersprüche, Spannungsverhältnisse und meinem konkreten Vorhaben übergeordnete Fragen. Im Rahmen der Posterpräsentation möchte ich ausgehend von meiner konkreten Forschungspraxis vier dieser Spannungsfelder zur Diskussion stellen:
1.) Reflexivität und eigenes Vorwissen: Welche Möglichkeiten und Grenzen liegen in der Reflexivität des eigenen Forschungshandelns? Welche Konsequenzen hat ein reflexiver Umgang mit eigenem Vorwissen und eigenen Vorerfahrungen für die Anerkennung eigener Erkenntnisse und Schlussfolgerungen im wissenschaftlichen Feld?
2.) Partizipation von Mitforscher_innen: Inwieweit werden bestehenden Machtverhältnisse in der Forschungsbeziehung im Mitforscher_innen-Ansatz der Subjektwissenschaft überschritten, berücksichtigt bzw. ausgeblendet? Welche Möglichkeiten ergeben sich aus diesem Ansatz für das eigene Forschungshandeln im Spannungsfeld von Subjektorientierung und Subjektivierungsannahmen?
3.) Differenzkonstruktionen: Welche Widersprüche ergeben sich aus einer konsequenten Fokussierung auf Herstellungsprozesse von Differenz? Wie können eigene Differenzkonstruktionen als Forschende aufgespürt werden und was ergibt sich daraus?
4.) Verhältnis von Wissenschaft und Politik: Was steht hinter Ansprüchen an eine klare Trennung von Wissenschaft und (politischer) Praxis? Welche Dilemmata ergeben sich im Rahmen einer praxisbezogenen Forschung im Feld und auf welche Widerstände stößt sie im Feld der Wissenschaft?
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We would like to thank all participants for their contributions to a inspiring conference and look forward to continuing the discussion that we have just begun!